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Gegenwartsdramatik im nachtkritikstream: "Eleos" von Caren Jeß, Regie: Daniel Foerster | Schauspielhaus Graz
Streaming des Mitschnitt "Eleos. Eine Empörung in 36 Miniaturen" von Caren Jeß, Regie: Daniel Foerster, Schauspielhaus Graz
Premiere des Mitschnitts bei den Autor:innentheatertagen am Deutschen Theater Berlin am 10. Juni 2022
Auf der website des Schauspielhaus Graz heißt es über "Eleos":
Denn wir glauben zwar nicht mehr an die Katharsis, sehnen sie aber herbei, weil wir uns nicht mehr aufregen müssten, wenn wir erst rein wären, vermutet die Autorin Caren Jeß, wohl wissend, wie nah Tragödie und Komödie beieinander liegen.
Ihr kathartisches Kurstück (sic!) beschreibt in 36 formal und stilistisch höchst unterschiedlichen kurzen Szenen Gefühlslagen zwischen Niedergeschlagenheit und Jammerei, Angst und Wut, Gewalt und Hass. Ohne sich auf eine politische Agenda oder ein billiges Freund-Feind-Schema festzulegen, ohne den Zeigefinger zu erheben und auf das zu deuten, was in dieser Welt vermeintlich geht oder eben nicht (mehr) geht, seziert sie mit poetischer Einfühlsamkeit und sprachlicher Virtuosität die Empörung an sich. Sie findet Beispiele für die Mechanismen und Kettenreaktionen dahinter und erzählt zutiefst menschenfreundliche Geschichten über hochzivilisierte Individuen am Endpunkt. Jenem Punkt, an dem die Figuren, „sie sind niemand und alle“, nicht mehr weiterkönnen oder -wissen, weinend wimmern oder siegesgewiss lächelnd nach unten treten, sich sadistischer Gewalt hingeben oder in Wutstarre verharren.
Reinhard Kriechbaum schrieb in der nachtkritik der Uraufführungs-Inszenierung im November 2021:
Die Mythologie greift Daniel Foerster, Regisseur der Grazer Uraufführung, auf. Er führt uns Götter vor. Eher Halb- oder Viertelgötter. Göttern gleich jedenfalls basteln sie in einer Wellness-Umgebung am schönen Schein, am gesellschaftlich properen Selbstbild. So sehr sie auch alles rundherum nervt, so krass die Gespräche danebengehen – wenn sich die Kamera nähert, machen sie ein Pokerface, feixen vor scheinbarem Glück. Und die Kamera ist immer gegenwärtig. Timo Neubauer, der sie führt, ist eigentlich Hauptperson in einem beispiellos atemlosen, aber minutiös synchronisierten Spektakel.
Eleos. Eine Empörung in 36 Miniaturen
von Caren Jeß
Regie: Daniel Foerster; Bühne & Kostüme. Mariam Haas; Lydia Huller, Robert Sievert; Musik. Jan Preißler; Video. Simon Baucks; Live-Kamera Timo Neubauer; Dramaturgie Franziska Betz; Regieassistenz & Abendspielleitung. Sebastian Klinser; Soufflage. Elisabeth Wondrack; Theaterpädagogik Timo Staaks; Technik HAUS ZWEI Jakob Kaltenbrunner, Felix Paltauf:
Mit. Henriette Blumenau, Oliver Chomik, Nico Link, Alexej Lochmann, Daria von Loewenich, Sarah Sophia Meyer, Raphael Muff, Susanne Konstanze Weber
Premiere am: 4. November 2021
Dauer: 1 Stunde 25 Minuten
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